Projekt "Bachforelle Este 2009"

Jede Menge Kies

Aktion "Forelle 2009" der Naturschutzstiftung mit Stein-Promotion aus Hamburg am 17. Juni 2009

In Ihrem Berufsalltag schmieden sie Werbeideen für Unternehmen, Produkte oder Events und sorgen auch für die entsprechende kreative Umsetzung. Doch für einen Tag stand die Ideenschmiede der Hamburger Agentur Stein-Promotions ausnahmsweise still. Keine Schreibtischarbeit stand an, vielmehr schweißtreibende körperliche Arbeit. Denn dem Umweltschutz zuliebe hatten sich rund 80 überwiegend weibliche Mitarbeiter von Stein-Promotions im Rahmen des alljährlichen Mitarbeiterevents zu einer großen Aktion an die Este nördlich von Bötersheim aufgemacht und der Umwelt zuliebe ihre Muskelkraft erprobt. Und das Ergebnis der Aktion, die die Werbeleute dem Slogan "Forelle 2009" gaben, lässt sich sehen: Rund 75 Tonnen 16-32er Kiesmaterial wurden mit Schaufeln und Schubkarren ins Gewässerbett der Este gebracht.

 

"Diese tolle Aktion, für die Stein-Promotions ja auch die Kosten für den Kies übernimmt, trägt ganz maßgeblich zur Verbesserung der Gewässerökologie bei", freut sich Rainer Böttcher, Leiter der Abteilung Naturschutz beim Landkreis und zugleich Vorsitzender der Naturschutzstiftung des Landkreises, von der die Arbeiten vorbereitet und organisiert wurde. "Insbesondere für die Bach- und Meerforellen, aber auch für viele Kleinorganismen, ist ein ausreichender Kiesbesatz in der Este lebenswichtig - der leider durch die kontinuierlich zunehmende Sandfracht sehr stark überlagert wird." Die Stellen, so Rainer Böttcher, an denen nun der Kies mit "ehrlicher Handarbeit" eingebracht wurde, seien allerdings mit Maschinen nicht zugänglich. "Umso schöner, dass wir die Unterstützung einer Vielzahl tatkräftiger Helfer bekommen haben."

 

Für die Aktion "Forelle 2009", die zuvor mit dem Unterhaltungsverband, dem Grundeigentümer und auch der Edmund Siemers Stiftung und dem Fischereiverband abgestimmt wurde, konnten als weitere Sponsoren die Unternehmen Friedrich Vorwerk aus Tostedt und das Maschinenunternehmen HKL aus Hamburg gewonnen werden, die die notwendige große Anzahl an Schubkarren für diese und künftige Aktionen zur Verfügung stellte.

 

Hintergrund:

Unsere Bäche sind krank: Ihnen fehlt strukturelle Vielfalt und der Wechsel aus Rauschen und Kolken. Rauschen sind flache Gewässerabschnitte, in denen Wasser über Stock und Stein rauscht - daher der Name. Kolke heißen tiefe Stellen im Bachbett.

Die Realität sieht anders aus: In begradigten und regelmäßig ausgebaggerten Fließgewässern strömt Regen-, Sicker- und (gereinigtes) Abwasser lautlos Elbe und Weser entgegen. Von Wasserpflanzen beraubt und auf konstanter Tiefe gehalten, transportieren sie Wasser - die ökologischen Funktionen bleiben auf der Strecke. Der norddeutsche Einheitsbach erstickt in Sand von erodierten, bis zum Gewässer reichenden Äckern, und bringt Nährstoffe mit, die später die Nordsee überdüngen.

 

Die kleinen Wasserläufe entscheiden aber über die ökologische Qualität von Fließgewässern - etwa 80 Prozent des Gewässernetzes sind keine Hauptströme. Steinschüttungen sollen wieder Leben in die Bäche bringen: Ein gesunder Bach macht Geräusche. Das gilt auch für Flachlandgewässer. Sie entwickeln eine erstaunliche Dynamik, wenn sich Wasser zwischen Hindernissen seinen Weg bahnen muss.

 

So gelingt der Umbau

Mit einfachen Mitteln lässt sich ein Gewässer wieder beleben: Hindernisse aus Stein und Holz unterbrechen die gleichmäßige Strömung, erzeugen Wirbel und Abschnitte mit schnell oder langsam fließendem Wasser. Jeder Stein schafft eine Struktur, die die gradlinige Strömung unterbricht, bietet Verstecke und Laichraum für Fische. Kleine Steinhaufen lassen das Wasser in seinem unnatürlichen geraden Bachbett plötzlich Kurven schlagen. Dies wirkt sich auf den Gewässerrand aus: Wird das Ufer nicht mehr unterhalten, so brechen Abschnitte ein.

 

Mit der Zeit fließt der Bach wieder in typischen Kurven (Mäandern) durch die Landschaft. Wenn daneben noch ein mindestens fünf Meter breiter Randstreifen unberührt bleibt, entwickelt sich eine vielfältige Vegetation aus Bäumen, die dem Bach Schatten spenden und ihn vor allzu üppigen Bewuchs durch Wasserpflanzen bewahren, aus Röhricht und Sträuchern, so dass der Bach zu einem breiten grünen Band mit einer artenreichen Tier- und Pflanzenwelt wird.

 

Strukturreiche Gewässer bilden die Voraussetzung für die Wiederansiedlung von Fischen. Wer dem ausgewilderten Nachwuchs ausreichend Verstecke und Laichplätze bietet, der kann damit rechnen, dass pro Quadratmeter Bachfläche fünf bis zehn eingesetzte Mini-Forellen das erste Jahr überleben.

 

Für den Umbau der Bäche sind Kooperationspartner nötig: Landwirte, die ihre Kühe nicht mehr an das Gewässer heranlassen, damit diese es nicht zertrampeln können. Dazu Wasserverbände, Kommunen, private Grundstückseigentümer. Oft ist viel Überzeugungsarbeit nötig, um den Anrainern zu vermitteln, dass keine Keller unter Wasser gesetzt werden, wenn Steine in die Bäche geschüttet oder einzelne Abschnitte nicht mehr ausgebaggert werden. Auch die angrenzenden Äcker werden weiterhin entwässert, denn das Bachprofil ist ohnehin meistens überdimensioniert.

 

Literatur:
Lebendige Bäche und Flüsse,
Bent Lauge Madsen/Ludwig Tent, Hrsg.
Edmund Siemers-Stiftung, 155 Seiten, ISBN 3-89811-546-1.
Pflanzen und ihre Bedeutung für Fließgewässer,
Ludwig Tent,
ad fontes Verlag (Hamburg), 52 Seiten,
ISBN 3-932681-29-0.

 

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Bachforelle